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Health

Endometriose – erst Panik, dann Alltag

Ich habe Endometriose.
Vielen sagt der Begriff absolut nichts. Auch Frauen haben von dieser Krankheit oft noch nie gehört, obwohl etwa 10 bis 15 % aller Frauen davon betroffen sind.

Endometriose ist eine Krankheit, bei der sich Gewebe ähnlich der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter im Bauchraum an andere Organe setzt und dort wächst. Die Herde verursachen oft unfassbare Schmerzen. Viele Frauen haben besonders starke Schmerzen bei der Periode. Doch je nachdem, wo die Herde sitzen, kann der Schmerz auch beim Stuhlgang auftreten, wenn der Darm betroffen ist oder sogar dann, wenn man nur aufgebläht ist. Sitzen die Herde an den Eileitern und Eierstöcken, können diese verkleben. Sitzen sie an der Blase, hat man Schmerzen beim Wasserlassen.
Der Schmerz kann aber auch so einfach auftreten. Plötzliche Krämpfe führen manchmal zu einem Schmerz, der die Betroffene fast ohnmächtig werden lässt.

Endometriose ist kein Spaß und wird häufig unterschätzt. Die Krankheit ist ja nicht tödlich. Man hat ja keinen Krebs. Es gibt schlimmeres. All das hören Frauen, die an Endometriose erkrankt sind, sehr häufig. Doch das Leid, das mit dieser chronischen Krankheit, für die es keine Heilung gibt, einhergeht, wird häufig runtergespielt und nicht verstanden.

In den nächsten Wochen werde ich von der Krankheit erzählen. Wie lebt man mit der Endometriose? Wie erklärt man seinen Mitmenschen, warum man so selten irgendwo auftaucht oder Verabredungen kurzfristig absagt und dass Endometriose viel mehr ist, als nur Schmerz?

„Huch, ich glaub‘, Sie haben Endometriose!“

Im Juni 2015 war es wieder soweit. Ich musste zur Vorsorgeuntersuchung bei meiner Frauenärztin. Wir besprachen im Schnelldurchlauf die gängigen Themen. Vertrug ich die Pille weiterhin?  Ja, aber ich hatte einige Male Zwischenblutungen. Zuvor hatte mir meine Frauenärztin hier geraten, falls ich Zwischenblutungen bekäme, statt einer Pille einfach zwei zu nehmen. Gesagt, getan. Besser wurde es nicht.
Ich setzte mich auf den Stuhl, sie machte einen Abstrich, fragte nach meinem Studium und tastete sich durch meine Vagina. Sie stoppte. Tastete genauer und plötzlich sagte sie nur: „Huch, ich glaube, Sie haben Endometriose!“ Das war’s. Mit diesem Begriff ließ sie mich sitzen. Sie erklärte, ich solle in ein Endometriosezentrum im nahegelegenen Krankenhaus. Dort würde man mich genauer untersuchen. Auf meine Frage, was diese Endometriose denn genau wäre, sagte sie nur: „Das ist Gebärmutterschleimhaut an Stellen, wo sie nicht hingehört.“
Vielen Dank für diese umfangreiche Information. Und was machen Patienten üblicherweise, wenn sie eine Krankheit nicht erklärt bekommen? Sie gehen nach Hause und googeln.

Panikmache oder einfach die Realität?

Ich ging nach Hause, setzte mich an den Laptop und googelte nach der mir völlig unbekannten Krankheit. Man kann davon nicht sterben. Gut, das ist doch schon mal nicht so schlecht. Es folgten Symptome wie Schmerzen bei der Periode, beim Wasserlassen und beim Stuhlgang, gefolgt von dem Horror einer jeden Frau, egal ob sie Kinder möchte oder nicht: Unfruchtbarkeit. Allein zu Hause brach ich zusammen. Ich schluchzte und heulte und rief meine Mutter an. Ich erzählte ihr von dem Verdacht der Ärztin und davon, dass ich doch jetzt niemals Kinder bekommen könnte. Meine Mutter beruhigte mich, aber ich spürte auch ihre Ratlosigkeit.

Ich las weitere Artikel über die Krankheit, die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten, die Chancen auf Besserung, Symptome, Lebenssituationen, die von der Endo beeinflusst werden. Ich schaute mich auf Facebook und Instagram um und fand besonders bei Instagram einige gute Profile, die sich mit der Krankheit auseinandersetzen.

Ich gewann sehr viel mehr Einsicht in die Krankheit, als mir meine Frauenärztin offensichtlich hätte geben können und ging im Oktober zu weiteren Untersuchungen ins Krankenhaus.

Zwei OPs später

Ende Oktober 2015 wurde ich operiert. Mit einer Bauchspiegelung wollten sich die Ärzte einen genauen Überblick verschaffen. Der Überblick ergab, dass die Krankheit viel ausgeprägter war, als zunächst angenommen und es wurde lediglich eine Gewebeprobe genommen. Dann wurde ich wieder zugemacht. Die Endometriose-Herde saßen an den Harnleitern, im Becken, den Eileitern und besonders ausgeprägt und tief-infiltrierend zwischen Scheide und Darm.

Die Ärzte erwarteten hier eine umfangreiche Operation und wollten diese gleich ein paar Tage später durchführen. Doch dann wäre ich für einen Monat außer Gefecht gesetzt gewesen und als Studentin konnte ich mir diese Ausfallzeit zu diesem Zeitpunkt nicht leisten.

Ich arbeitete daraufhin drei Monate besonders viel und wurde im Januar 2016 erneut operiert.
Die Angst war groß, denn nun bestand die Gefahr, mit einem künstlichen Darmausgang aufzuwachen.

Einen Tag vor der großen OP wurden mir Harnleiter-Schienen gelegt. Extrem unangenehm.

Dann ging es weiter. Sechs Stunden war ich im OP und wachte ohne künstlichen Darmausgang auf. Nachdem die vorherige Nacht schon schlaflos und voller Angst gewesen war, liefen mir nun die Freudentränen. Der Päriduralkatheter, der mir vor der OP gelegt wurde, verschaffte eine schnelle Wirkung des Morphiums, welches ich in den ersten zwei Tagen gegen die Schmerzen bekam. Danach lag ich weitere fünf Tage im Krankenhaus und durfte drei weitere Wochen auf der Couch verbringen.

Auf in den Alltag

Endometriose ist eine chronische Krankheit und leider ist es mit einer Operation nicht getan. Nun musste ich meinen Alltag umstellen, weil ich Symptome, die ich vorher nie einordnen konnte, endlich für mich selbst ernst nehmen konnte. Meine ohnehin gesunde Ernährung, musste ich umstellen und beispielsweise auf blähende Speisen wie Müsli zu verzichten. Auch mein Gelegenheits-Rauchen gab ich ganz auf und ich lernte auf meinen Körper zu hören. Zwei Jahre ist es nun her, dass ich meine erste Operation hatte und die Krankheit ist ein stetiger und nerviger und zeitweise frustrierender Begleiter, der mich einige Tränen kostet. Aber ich stehe es durch.